Der TRICKSTER und die CORONA-Pandemie | Lutz Deckwerth

Corona wirkt für mich wie eine Lupe, die Pandemie schärft den Blick und in meinem Umfeld begegnet mir immer häufiger der „Trickster“ in Form von verblendeten Politikern, eigennützigen Künstlern und unverantwortlichen Partygängern.

In seinen Ausführungen zur „Psychologie der Tricksterfigur“ schreibt der Tiefenphsychologe C. G. Jung: „Der Trickster ist ein „kosmisches“ Urwesen göttlich-tierischer Natur, dem Menschen einerseits überlegen vermöge seiner übermenschlichen Eigenschaften, andererseits unterlegen vermöge seiner Unvernunft und Unbewußtheit. …… Diese Defekte kennzeichnen seine menschliche Natur, welche den Umweltbedingungen schlechter angepaßt ist als ein Tier, dafür aber die Anwartschaft auf eine viel höhere Bewußtseinsentwicklung, das heißt eine beträchtliche Lernbegierigkeit besitzt, welche auch durch den Mythos gebührend hervorgehoben wird.“ (C. G. Jung: Archetypen, S. 168. 16. Auflage. DTV Verlag. 2010 ISBN 978-3-423-35175-1)

Auf den Trickster aufmerksam geworden, bin ich im Jahr 2012 durch einen adligen Politiker (Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg). Im Jahre 2009 war er zunächst Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, danach bis 2011 Bundesminister der Verteidigung, der seine Doktorarbeit gefälscht hatte. Dann sah ich einen zweiten Trickster. Ihm folgte der Bundespräsident Christian Wulf), der wegen des Verdachts der Vorteilsannahme, am Ende ein Urlaub in der Maschmeyer Villa und einem Bobby Car für seinen Sohn zurücktreten musste. 

Seit meinem Artikel aus dem Jahr 2012 (siehe Wikipedia) hat sich eine erstaunliche Trickster-Entwicklung vollzogen. Dieser zweifelhafte Archetyp hat die höchsten Ämter erobert (Putin, Trump, Erdogan, Bolsonaro, Johnson, Orban). Die Liste ist natürlich nicht vollständig. 

Bei Wikipedia findet sich die allgemeine Beschreibung: „Trickster bezeichnet im Englischen einen Gauner und Schwindler. Im Deutschen wird unter Trickster ein Schelm, auch Halunke oder Bauernfänger verstanden. Generell ist ein Trickster eine Person, die mit Tricks arbeitet.“

Der Trickster ist weder gut noch böse. Er betrügt andere und wird betrogen. Dem Listenreichtum steht seine Tölpelhaftigkeit gegenüber. Für ihn gelten moralische und soziale Werte nicht. Der Trickster ist ein zwanghafter Grenzüberschreiter (William J. Hynes).

C. G. Jung hat in seinen Schriften über die „Archetypen“ nachgewiesen, dass es den Trickster zu allen Zeiten gegeben hat, auf allen Kontinenten, in allen Kulturen. Er taucht in den Geschichten der Urvölker (Schamane, Medizinmann) auf, genauso wie in der Mythologie der lateinamerikanischen Taino-Indianer (Guahayona) und der alten Griechen (Mercurius, Hermes) oder den asiatischen Märchen (Derwisch, Nasreddin). In Europa kennen wir ihn als den mittelalterlichen Gaukler, als Hanswurst im Kasperle-Theater oder als Clown im Zirkus.

Was hat der Trickster aber nun mit der Corona Pandemie zu tun?

  1. Da der Trickster sich für unfehlbar hält, leugnet er das Virus.
  2. Der Trickster leitet nicht die erforderlichen Schutzmaßnahmen ein.
  3. Unter den Top Five der Corona-Infizierten sind nur Länder, die von Tricksten geführt werden.

Erkenntnis: Der Trickster kann auch in der Krise nur tricksen, um an der Macht zu bleiben (die Verantwortung auf die WHO abwälzen – Trump/ Statistik schönen – Putin/ Statistik verbieten – Bolsenaro).

Das Volk schimpft auf den obersten Trickster nach dem altbewährten Motto „Ich bin es nicht gewesen, der Trickster war es!“ und vergisst, dass es diesen Trickster nur durch unsere eigenen Tricks gibt.

Es fängt im ganz kleinen an. Du fährst schwarz mit der Tram. Du rechnest mehr Arbeitsstunden ab. Du schummelst bei der Steuererklärung. Du lässt zu, dass ein gemeinnütziger Verein nur noch gemein und nicht mehr nützlich ist. Du zahlst Deinen Arbeitern zu wenig. Du manipulierst Bilanzen. Du betrügst Deine Kunden mit falschen Abgaswerten. Alles Tricks, alles Energie. Sie macht den Trickster im Großen erst möglich. Wir haben diesen Trickster zwar nicht erfunden, denn es gab ihn schon immer, aber wir haben ihn wiedererweckt (er war vor hundert Jahren auch schon da – Hitler, Mussolini, Franco, Stalin).

Nach C. G. Jung ist der Trickster „ein getreues Abbild eines noch in jeder Hinsicht undifferenzierten menschlichen Bewusstseins, welches einer der tierischen Ebene noch kaum entwachsenen Psyche entspricht.“ (C. G. Jung: Archetypen, S. 164. 16. Auflage. DTV Verlag. 2010 ISBN 978-3-423-35175-1)

Das heißt übersetzt: In jedem von uns steckt mehr oder weniger ein Trickster. Und je mehr wir den Trickser aus unserem Bewusstsein abgespalten haben, desto mehr wirkt er im Unbewussten. So haben bedeutende Religionen den Trickster auf die Figur des Teufels/Mephisto (Christentum), Iblis (Islam) oder Mara (Buddhismus) übertragen und ihn als etwas außerhalb von uns dargestellt. Der Mephisto in Goethes Faust, „die Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“ ist die christlich-teuflische Variante des göttlichen Tricksters. (Borchmeyer: Faust – Goethes verkappte Komödie, S.7).

Jeder von uns wird jetzt Namen und Personen vor den Augen haben, die er als Trickster identifiziert (sie könnten Rüdiger, Günter, Dirk oder Tobias heißen). Nur hilft das recht wenig. Es geht darum, den Trickster in uns selbst bloß zu stellen, ihn aus dem Unbewussten ins Bewusstsein zu holen. Nur wir selbst können ihm einen, nämlich unsere Teil der Energie entziehen. Schaffen wir das nicht, werden die Bonsai-Stalins (nicht meine Worterfindung) einen freien Ort nach dem anderen unter ihre Kontrolle bringen und diesem Ort seine Authentizität rauben. 

Die Corona-Pandemie wirkt wie eine Lupe auf den Trickster-Zyklus und zeigt uns das Sterben der freien Orte. Sie zeigt uns, dass gesellschaftliche Veränderungen möglich wären. Es muss nichts wieder sein, wie es vorher war.

Der Trickster versetzt die Welt in Chaos, verfügt aber auch selbst über große schöpferische Kraft, welche Gutes wie Böses bewirken kann und die Welt in Bewegung versetzt. (Univ. Doz. Dr. Elke Mader, Institut für Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie)

Und  C. G. Jung stellt uns schon 1954 einen Entwicklungsweg in Aussicht: Der Trickster wird den Wandel einleiten. „Die Kennzeichen der tiefsten Unbewußtheit wenigstens fallen von ihm ab: statt brutal, grausam, dumm und sinnlos zu handeln, fängt der Trickster gegen den Schluß des Zyklus an, Nützliches und Sinnreiches zu tun.“ (C. G. Jung: Archetypen, S. 170. 16. Auflage. DTV Verlag. 2010 ISBN 978-3-423-35175-1)

Ich sehe daher nur neue Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie in Bezug auf den Trickster-Zyklus. Der Trickster will uns vom Eigentlichen ablenken:

  1. Ein Zurück zum Zeitpunkt vor der Pandemie wäre fatal (Home Office/Home Schooling/Digitalisierung)
  2. Die Erde atmet auf (kaum Flugverkehr/wenig Fahrzeugverkehr/eingeschränkter Nahverkehr). Warum darf das nicht so bleiben?
  3. Neue Wirtschaftskonzepte (Förderung von DAX-Unternehmen, die auf Dividenden verzichten wie in Schweden/ Förderung von E-Autos anstatt Benziner und Diesel/ stärkerer Ausbau erneuerbarer Energien u.a.)
  4. Warum schauen wir nicht mehr nach Brasilien, wo weiterhin die Lunge der Welt abgeholzt wird?
  5. Warum akzeptieren wir, dass durch Corona die Reichen reicher und die Armen ärmer werden?

Erst wenn wir uns unser persönlich Unbewusstes, unseren Schatten, der immer mit lebt, bewusst machen und aufhören mit den eigenen, kleinen Tricks, erst dann wird das kollektive Unbewusste in Form des Trickster Archetyps nicht mehr mit Energie versorgt. 

Ich sehe gute Zeichen: Friday for future, Unteilbar, Demonstrationen für soziale Gerechtigkeit und gegen Rassismus und andere.

Niemand ist heute mehr allein. Gedanken fliegen via Web um den Globus. Aus einzelnen Bewegungen wird globaler Protest.

Es fing mit dem Thema Kindesmissbrauch in der Kirche an. Erst ein lokales Problem, dann weltweit.

Es ging weiter mit Me too. Erst ein einzelner, dann viele.

Jedes Jahr werden in den USA Schwarze durch Polizeigewalt getötet. Weltweite Proteste gab es nie zuvor. Jetzt gibt es sie.

Das ist eine neue Kraft, die unsere Energie braucht. Diese Energie fehlt dann dem Trickster und er wird sich wieder in das Unbewusste zurückziehen.

Die Trumps und Putins haben keine Zukunft, wir schon!!!!!


 

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