Die Jagd nach dem Schuldigen ist die einfachste! | Lutz Deckwerth

Ich erlebe in meinen Coachings immer wieder, dass Menschen von Schuld sprechen. Der Partner ist schuld, dass die Beziehung gescheitert ist. Das Kind trägt die Schuld, dass aus ihm nichts geworden sei. Und wir schieben dem Chef die Schuld in die Schuhe, wenn wir bei der Gehaltsrunde übergangen wurden.

Schuldgefühle erzeugen Angst

Judentum und Christentum haben dem Begriff „Schuld“ den Begriff „Sünde“ beigestellt und meinen damit die Abkehr von Gott, vom Glauben, von den festgelegten Regeln. Die Strafe kommt mit dem jüngsten Gericht. Schuld fragt im moralischen Sinn immer nach dem, der zu bestrafen ist. Damit ist die Zuweisung der Schuld stets destruktiv. Dem Schuldigen wird die Verantwortung für sein Handeln aberkannt. Es geht nur noch um den Schaden, dem man ihm zufügen wird. So hat der Schuldige als Mensch keinen Wert mehr. Er wird degradiert, aus der Gemeinschaft ausgestoßen.

Der Starke hat nie Schuld

Als der König seinen Krieg gegen das Nachbarreich verlor, gab er seinem Heerführer die Schuld. Der ließ jeden zweiten Kommandeur erschießen und gab ihnen die Schuld. Daraufhin ließen die noch lebenden Kommandeure das stark dezimierte Heer antreten und schlugen jedem zehnten Soldaten den Kopf ab. So waren auch sie Schuld am verlorenen Krieg. Eine Voraussetzung für Schuld ist, dass der Schuldige die Wahlmöglichkeit hatte, die als schlecht definierte Tat zu unterlassen. Dies stand aber im konkreten Fall nur dem Mächtigen, dem Starken, dem König zu.

Schuld durch Verantwortung ersetzen

Das Wort „Schuld“ kommt von sollen. Der Schuldige soll sich an „die derzeitigen“ Wertvorstellungen und Gesetze halten.  Er soll eine Pflicht erfüllen, damit die Werte und Gesetze erhalten bleiben.

Im Begriff „Verantwortung“ findet man die Vorsilbe ver und das Verb antworten. Menschen mit Verantwortung suchen nach einer Antwort auf Probleme. Und das Leben zieht jeden für das zur Verantwortung, was er entscheidet. Denn aus der Entscheidung ergeben sich Konsequenzen. Diesen Konsequenzen kann niemand entkommen. Wir können zwar die Übernahme der Verantwortung verweigern, dann aber tragen wir die Verantwortung für die Verweigerung.

Verantwortlich sein für das Leben

Schuld sind nicht die anderen, verantwortlich sind wir immer selbst – für das, was wir getan haben und auch für das, was wir nicht tun. So mag der Partner verantwortlich sein für das Ende der Beziehung. Aber er ist es ganz selten allein. So mag das Kind die Verantwortung tragen für den Abbruch der Berufsausbildung, vorausgesetzt die Eltern haben dem Kind durch ihre Erziehung geholfen, Verantwortung zu übernehmen. Und letztendlich liegt es auch in der Verantwortung eines jeden, beim Chef die nächste Gehaltserhöhung einzufordern. Der englische Schriftsteller Arnold Bennett (1867-1931) bringt es mit dem folgenden Satz auf den Punkt: „Du bist nicht für das Universum verantwortlich: du bist verantwortlich für dich selbst.“


 

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